Motorrad- und Segeltour Norwegen Sommer 2013

Vorbereitung

Schon in früheren Urlauben im hohen Norden mache ich oft große Augen, wenn unserem T4-Familienbulli auf den norwegischen Bergstraßen ein Motorrad nach dem anderen entgegen kommt. „Das will ich auch“, schießt es mir durch den Kopf. Im August 2013 ist es dann so weit: ein halbes Jahr nach dem Kauf meiner Ténéré ist diese für längere Touren ausgestattet und die Semesterferien stehen vor der Tür. Mit meiner damaligen Freundin beschließe ich, mich für einen Monat auf den Weg zu machen. Als im Laufe des Frühjahrs klar wird, dass „Lene“ sich im Sommer auf den Weg nach Norwegen macht, steht damit auch unser Urlaubsplan fest- ab nach Norwegen! Aus vorherigen Urlauben ist mir der Süden des Landes einigermaßen bekannt, genaue Pläne machen wir im Vorhinein aber nicht. Außer der Fähre und dem angepeilten Datum, an dem wir uns mit den Jungs auf dem Boot in Alesund treffen wollen, steht nichts fest.

Die Reise

Anreise und Start in Norwegen

Die Überfahrt von Hirtshals nach Kristiansand bringt uns nach Norwegen, wo wir ab sofort fast ausschließlich Campen werden. Dafür bietet Norwegen nunmal auch übermäßig viele Gelegenheiten (je weiter im Norden, desto besser). In Norwegen zielen wir recht schnell nach Norden, suchen uns die Strecken aber immer nach Tageslaune aus- mal 20, mal 300 km am Tag. Einzig das Wetter lässt zwischenzeitlich zu wünschen übrig, was wir insbesondere im 30 Jahre jungen Fjällräven-Zelt zu spüren bekommen, die Imprägnierung will sich auch nicht mehr wirklich erneuern lassen.

Interessante Zwischenpunkte sind für uns unter anderem der Jotunheimen Nationalpark, motorradtechnisch natürlich diverse Passstraßen und Serpentinen soviel das Herz begehrt. Die Ténéré macht sich auch im 2up-Modus erstaunlich gut, nur die serienmäßige Sitzbank strapaziert auf langen Etappen das Sitzfleisch doch recht ordentlich.
Unterwegs treffen wir auch viele andere Motorradfahrer- das französische Paar, welches wir an verschiedenen Orten wiedersehen, hat seine eigene Geschichte von Geschwindigkeitsüberschreitungen in Norwegen zu erzählen. Mit etwas über 130 km/h statt der erlaubten 80 km/h wären für den Vorwegfahrenden umgerechnet über 1.000€ fällig gewesen. Der freundliche Beamte wies allerdings darauf hin, dass die Rechnung, wenn Sie nach Frankreich gesendet würde, wohl im Zweifelsfall nicht durchgesetzt werden könne- allein die Wiedereinreise mit demselben Nummernschild sei in dem Fall nicht empfehlenswert…

Nach Stop am berühmten Geirangerfjord und der Überfahrt des Trollstiegens geht es für uns nach Alesund, wo wir per Couchsurfing für drei Tage bei Puneed und Vivek unterkommen, bis unsere Freunde mit dem Boot von Trondheim kommend einlaufen. Puneed und sein damaliger französischer Gast Loick kamen mich im vergangenen Jahr übrigens auch spontan in Deutschland an meinem Geburtstag besuchen, über Couchsurfing entstehen wirklich die besten Kontakte…

Alesund bis Bergen per Segelboot

Nach langer Suche nach einem geeigneten Parkplatz in Alesund (Parkhaus 400€/Woche, öffentlicher Parkplatz nach mehrfacher Nachfrage frei, aber angeblich seeehr unsicher (gibt’s das in Norwegen??)) geht es dann endlich los mit dem Boot- 7 tage, 6 Personen, 10 Meter Boot. Eine Herausforderung und schon eng, aber gut machbar! Teilweise wirklich tolles Wetter, wenn auch windtechnisch nicht gerade günstig für unseren Kurs. Dafür gibt es fast täglich frischen Fisch (meist Makrelen, manchmal Seelachse). In Bergen gibt´s eins der seltenen Biere auf der Reise- bei Supermarktpreisen von 4€/Dose bleibt einem bei studentischem Budget auch kaum was anderes übrig.

Von Alesund über Jämtland nach Süd-Westschweden

Nach Zwei Tagen direkt am Fisketorget geht es für uns per Bus (einer der teuersten Posten auf der ganzen Reise, 85€/Person trotz Studentenrabatts) zurück nach Alesund zum Motorrad. Noch am Abend machen wir uns von dort wieder auf den Weg, aufgrund des schlechten Wetters an der Atlantikküste entscheiden wir uns für die Route direkt nach Westen in Richtung Röros, einer alten Bergwerksstadt kurz vor der schwedischen Grenze. Über diese fahren wir bereits am nächsten Tag und befinden uns ab sofort im am dünnsten besiedelten Teil Schwedens- Jämtland. Durch seine Lage als Hochplateau wird es in den Nächten bereits arschkalt (annähernd Bodenfrost im August), da keine größeren Ansammlungen von Häusern in der Nähe sind wirken die sternenklaren Nächte am Lagerfeuer beeindruckend. An wunderbaren Schotterpisten und riesigen, weitläufigen Seen zum Baden herrscht wahrlich kein Mangel. Beim Baden und Waschen schwimmen die Forellen praktisch in griffweite an uns vorbei.
Von Jämtland aus machen wir uns auf den Weg nach Süden, im Vergleich zu Norwegen machen wir deutlich mehr Strecke in kürzerer Zeit und haben auch mit dem Wetter richtig gepokert- in Schweden begleitet uns fast durchgehend die Sonne. Wir passieren Mora und orientieren uns Richtung Vänernsee, auf dieser Strecke sehen wir auch unseren einzigen Elch in Schweden in freier Wildbahn. Zuvor hatten wir in Jämtland mehrere Rentiere auf den Nebenpisten gesehen, die sind dort sicher häufiger anzutreffen als Menschen.

Die westschwedische Küste um Bohuslän

Vom Vänernsee aus orientieren wir uns in Richtung Westen, um bei dem grandiosen Wetter noch einige Zeit in den westschwedischen Schären südlich von Strömstadt zu verbringen. Eine gute Entscheidung, die Schären sind einfach unglaublich schön, an jeder Ecke kann geschwommen werden und kleine Juwele wie der Küstenort Fjällbacka, einer der Lieblingsorte Ingrid Bergmanns, machen die Küste besonders liebenswert. Mit ein wenig Geschick bei der Suche kann auch hier jederzeit ein passendes Plätzchen zum Zelten gefunden werden- wir sind dazu einfach immer über das Inselnetz so weit wie möglich rausgefahren, bis wir in kleinen Fischerdörfern gelandet sind. Dort bietet sich meist in kleinen abgelegenen Waldstücken am Wasser eine Möglichkeit, das Zelt aufzustellen.

Dänemark und Fehmarn

Nach einem Kurzbesuch in Göteborg geht es über die Fähre Helsingborg-Helsingör nach Dänemark, wo wir noch einen knappen Tag in Kopenhagen verbringen. Nach einer (in Dänemark leider nicht offiziell erlaubten) Übernachtung am Strand südlich von Kopenhagen fahren wir nach Rödby zur Fähre in Richtung Puttgarden. Schon in Kopenhagenfällt mir ein leicht schwammiges Fahrgefühl auf, was sich auf der Strecke massiv verstärkt- am Hinterrad sind drei Speichen gebrochen! Im Schonbetrieb geht es bis zur Fähre, auf Fehmarn sind wir mit einer guten Freundin aus Hamburg verabredet. Am Strand-„Zeltplatz“ am Fehmarnsund auf der Südseite der Insel angekommen telefoniere ich zuerst alle Werkstätten in Reichweite auf Ersatzteile (Speichen) ab- allerdings sind deutschlandweit nur zwei renommierte „Speichenspezies“ auszumachen. Einer von ihnen sitzt netterweise in Hamburg, doch da komme ich mit dem Hinterrad nicht mehr hin. Also wird der Automobilclub informiert, bei dem ich zum Glück vor Antritt der Fahrt eine Premiummitgliedschaft abgeschlossen habe. Mir wird äußerst hilfsbereit Auskunft gegeben und geraten, den Schaden erst in zwei Tagen, wenn wir abreisen wollen, zu melden, da ich in dem Fall einen Heimtransport anfordern kann. So passiert es, und nach zwei letzten Tagen auf Fehmern treten wir die Rückfahrt nach Hamburg Huckepack auf dem Transporter des Automobilclubs an.

Fazit

Die Reiseländer

Norwegen und Schweden sind wirklich jederzeit eine Reise wert. Man sollte entspannt genug sein, um mit dem Tempolimit in Norwegen (90 km/h Autobahn, sonst max. 80 km/h) gut klar zu kommen- die Landschaft mit Bergen am Wasser und abwechslungsreichen Straßen hat aber auch bei dem Tempo großen Unterhaltungswert.

Navigation

Gerade Passstraßen als Abkürzungen der doch teilweise umständlichen Umfahrungen der Bergketten oder Fjorde sind für Motorradfahrer sehr attraktiv. Diese zu finden (und nicht bei den Versuchen auf gut Glück im Nirgendwo stecken zu bleiben) erfordert gutes Routenstudium im Voraus- zu diesem Zweck habe ich Karten von Dr. Goetze Land & Karte in Hamburg besorgt, der Laden ist wirklich nur zu empfehlen! Außerdem habe ich mir vorher die Karten für Norwegen, Schweden und Dänemark mit der App NavFree offline auf meinem Handy verfügbar gemacht. Dies hat sich auch außerordentlich bewährt, selbst die genannten Passstraßen waren zumeist im digitalen Kartenmaterial hinterlegt. Karten in Norwegen/Schweden vor Ort zu besorgen hätte ohne Ortskenntnis wohl ein kleines Vermögen gekostet.

Motorradzubehör

Zum nächsten Roadtrip werde ich definitiv einige Hilfsstoffe wie Öl und Kettenfett (!!) in größeren Mengen mitnehmen. Auch wenn das „Weiße“ in DE rund 16€ für die große Dose kostet ist es deutlich günstiger als in Schweden, wo ich mir Ersatz beschaffen musste. In Norwegen will ich die Preise gar nicht wissen. Soweit der Platz es zulässt würde ich 2l Öl und 2 Dosen Kettenfett auf einen vergleichbaren Trip mitnehmen. An Werkzeug und sonstigem Zubehör hat unterwegs nichts gefehlt, in Zukunft wird trotzdem Werkzeug zum Reifenwechsel und Flickzeug dabei sein- was war bei uns nicht an Bord, zum Glück gab´s keinen Schaden an den Reifen.

Sonstiges Equipment

Als erste Maßnahme nach dem Urlaub habe ich mir ein neues Zelt zugelegt. Mit knapp 100€ günstiger als gedacht (und deutlich günstiger als vergleichbare Top-Modelle von Globetrotter etc.). Dauerhaft im undichten Zelt geht gar nicht, ein dichtes Dach ist einfach Lebensqualität. Zudem hatten wir nur Isomatten mit dabei, seit einiger Zeit habe ich nun eine Therm-a-rest-Matratze- kleineres Packmaß, guter Komfort und gute Wärmeisolierung vom Boden machen die Matratze zum idealen Begleiter.